Sylvia K. Kummer
Herzraum
Erfolgreiche Vernissage am 14. September 2024
Wolfgang Giegler eröffnete die Ausstellung mit einführenden Worten, gefolgt von einer fesselnden Lesung von Birgit Schwaner und Lisa Fritsch. Zahlreiche Gäste genossen die Kunstwerke und anregende Gespräche. Die Ausstellung war bis zum 28. September nach Anmeldung zu besichtigen. Vielen Dank an alle Besucherinnen und Besucher!

Entdeckungen an Körper, Raum und Zeichen
Sylvia K. Kummer studierte Malerei und Grafik an der
Universität für Angewandte Kunst in Wien. Anschließend lehrte
sie Malerei und Creative Strategies an Universitäten in Osterreich,
den Vereinigten Staaten, Australien und China.
Gegenwärtig lebt und arbeitet sie als freischaffende Künstlerin in Wien.
• In ihren Werken spiegelt sich die Vergänglichkeit und
Verletzlichkeit des Seins wider.
• Sie verleiht dem Körper als Raum für Wahrnehmung
eine besondere Qualität, die im Schaffensprozess wirksam wird.
Dies betrifft den eigenen Körper ebenso wie den des künstlerischen Materials.
• Im Schaffensprozess verschränkt die Künstlerin verschiedene Darstellungsformen:
Zeichnung, Malerei, Objektkunst, Installation und Video.
• Dem multidimensionalen Diskurs widmete sie sich auch mit ihrer Dissertation
im Bereich der Kultur- und Sozialanthropologie: (Im-)Possible Places.
Between Art and Ethnography.
Haut
Das größte menschliche Organ, die Haut, ist eine mehr als passende Metapher
für die Prozesse des Werdens und Vergehens, für sinnliche Entdeckungen
im Positiven wie im Negativen. Häute spielen als Ursprünge und Träger
künstlerischer Inhalte für Sylvia K. Kummer eine wichtige Rolle.
Die Entscheidung für dieses Material macht den nahen Lebenszusammenhang
von Kummers Kunst ebenso begreifbar, wie ihr Interesse an damit verbundener Archaik,
haptischen Sensationen, ursprünglichen künstlerischen Methoden und Wirkmöglichkeiten.
Die Haut ist unsere körperliche bidirektionale Schnittstelle zur Welt,
eingebunden in einenSinneszusammenhang,
den wir gar nicht hoch genug einschätzen können,
der uns die meiste Zeit unseres bewussten Lebens gar nicht bewusst ist,
aber uns jederzeit berührt.
So gehen Sylvia K. Kummers künstlerische Arbeiten unter die Haut, weil sie menschliche
Wahrnehmungs- und Empfindungsbereiche freilegen können.
Sie machen uns Impulse, Reaktionen bewusst, sie stellen Präsenz dar.
Mit ihren oft großformatigen Werken spannt Sylvia K. Kummer Erlebensräume auf,
ihre Präsentationen sind vielschichtige Orte der Möglichkeiten.
Körper
Wenn wir vom Körper als Raum für Wahrnehmung sprechen,
dann ist von RESONANZ die Rede. – Wo finden wir Resonanz? –
Denken Sie an Erinnerungen, die etwas zum Schwingen bringen.
Denken Sie an Persönliches, an Berührtes und Berührendes.
Und denken Sie an kollektive Erinnerungen und an aufgeschriebene Geschichte.
Erinnerungen sind Ein- und Ausgänge zu uns selbst, persönlich wie kollektiv.
Traumata sind analytisch greifbare Spuren, die in Gegenwart und Zukunft reichen.
An solchen empfindlichen Bereichen setzt Sylvia K. Kummers Kunst vielschichtig an.
Tabu-Zonen, besonders jene, die mit Körperkontakten (Hautkontakt) zu tun haben,
sind kulturell vermittelt. Das passt gut zum wissenschaftlichen Background der Künstlerin.
ihr Anstoßen an Tabus zeigt sowohl offensichtliche als auch verborgene Grenzbereiche an,
die nie universell zu verstehen sind.
Zeichen
Im künstlerischen Schaffen von Sylvia K. Kummer bleibt das Material
während des Schaffensprozesses bis hin zum vorgestellten Werk durchgängig im Fokus.
So wie Tierhäute als Zeichenträger, als Mal- und Werkmaterial verwendet werden,
sind auch bei den malerischen Arbeiten auf Leinwand die Eingriffe und Zurichtungen
des Materials offensichtlich. So werden Leinwände miteinander, vielfach grob verwoben.
Ausgefranst, eingeschnitten, ausgerissen sind keine negativen Zuschreibungen
zu Kummers Werken, sondern sind konstitutiv. Es zeigt, dass die Künstlerin ihr Werk nicht idealisiert.
Sie will die intensive Auseinandersetzung sichtbar, spürbar erhalten und nicht beschönigen.
Auffällig ist, dass viele ihrer Werke nicht wie sonst üblich in Rahmen gespannt sind,
sondern das organisch-vitale des Materials, das sich im Malprozess ja auch kontinuierlich
verwandelt und auch beim Manipulieren von einer zur nächsten Ausstellung
ein Eigenleben entwickelt, erhalten bleibt.
Hier finden wir nun eine besondere Resonanz des Materials.
Das Material schwingt seinerseits und zeigt Spuren, die es aus seinem
zeitlichen Zusammenhang gewinnt.
Sylvia K. Kummers künstlerisches Werk ist wie ein ganzheitlicher Lebensentwurf angelegt,
es umfasst und braucht den ganzen Menschen, den es eingebunden in vielfältige
Seins-Wesen versteht.
Der Entwicklungspfad ihrer Kunst ist daher immer offen für neue Entdeckungen –
für die Künstlerin selbst und für uns Betrachter:innen.
Wolfgang Giegler | Mai 2024


